VANITAS - Grau wie Asche: Thriller (Die Vanitas-Reihe 2) (German Edition) by Poznanski Ursula

VANITAS - Grau wie Asche: Thriller (Die Vanitas-Reihe 2) (German Edition) by Poznanski Ursula

Autor:Poznanski, Ursula [Poznanski, Ursula]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2020-02-23T16:00:00+00:00


12.

D ass danach das Gespräch einseitig wird, weil ich auf keine von Alex’ Fragen antworte, hätte ich voraussehen können. »Ich werde dich nicht töten«, sage ich, als es mir zu viel wird. »Nicht heute Nacht.«

»Du denkst nicht wirklich darüber nach? Oder? Dass du es irgendwann doch tun könntest? Carolin?« Zum ersten Mal zerrt er an der Kette, die mit einem dumpfen Glockenton gegen das Rohr schlägt.

Ihn zu sehr in Sicherheit zu wiegen läge nicht in meinem Interesse. »Muss ich doch. Sieh mal, ich glaube dir nicht, dass alles bloß Zufall ist. Dein Telefonat mit wer weiß wem, der Versuch, mich heimlich auf ein Selfie zu bekommen, der Kugelschreiber aus Frankfurt, dein Herumlungern am Friedhofseingang, angeblich wegen Eileen, deren Aufbruch du aber Minuten vorher beobachtet hast. Zu viel für meinen Geschmack, sorry.«

Er lässt sich gegen die Wand sinken. »Ich habe dir doch alles erklärt.«

Ich gieße uns beiden wieder die Becher voll, jetzt schon aus der zweiten Flasche. »Lass uns den Wein austrinken und dann schlafen. Ich bleibe heute Nacht hier.«

Sein Blick wird starr. »Du willst mich im Schlaf töten.«

»Nein. Versprochen.« Ich proste ihm zu.

»Ich glaube dir kein Wort!«

»Tja, da siehst du, wie unangenehm das ist, wenn es ums Ganze geht.« Allmählich beginne ich, den Wein zu spüren, so sollte das eigentlich nicht sein. Aber solange ich auf meiner löchrigen Matratze liege, kann Alex mich nicht erreichen. Vorsichtshalber räume ich die Flaschen noch ein Stück zur Seite, bevor er auf die Idee kommt, sie als Wurfgeschosse einzusetzen. »Ich hatte einen langen Tag, ich werde jetzt schlafen. Und das Licht ausmachen, aber wenn du möchtest, lasse ich die kleine Campinglampe an.«

Er nickt, und ich mache alles bereit. Stelle noch einmal sicher, dass sich nichts Bedenkliches in seiner Reichweite befindet, und gehe dann nach oben auf die Toilette.

Vor den Fenstern herrscht pechschwarze Nacht; außer dem Wind und einer beharrlich rufenden Eule ist nichts zu hören. Wie sehr habe ich die Einsamkeit hier genossen. Wie sehr fehlt mir das Gefühl, einen Zufluchtsort zu haben.

Ich lasse Alex fast zwanzig Minuten für die Verrichtung aller persönlichen Bedürfnisse, dann gehe ich wieder hinunter. Er sitzt aufrecht an den Mühlstein gelehnt und empfängt mich mit düsterem Blick. »Ich werde kein Auge zutun heute Nacht.«

Ganz wie er meint. Mir saugt die Müdigkeit mittlerweile alle Kraft aus dem Körper. »Ich habe dir gesagt, dir wird nichts zustoßen. Wenn du mir nicht glaubst, bleib eben wach. Mir fallen jedenfalls die Augen zu.« Ein letztes Mal kontrolliere ich alles, was sich in Alex’ Griffweite befindet, doch das Gefährlichste ist eine halb volle Wasserflasche aus Plastik. Ich drehe den Schalter an der kleinen blauen Campinglampe an, stelle sie ans Fußende meiner Matratze und mache das Deckenlicht aus. »Gute Nacht.«

Ich höre ihn noch rumoren. Höre das Klirren bei jeder Bewegung. »Meine Eltern werden schon verrückt sein vor Sorge«, ist das Letzte, was ich bewusst von seiner Seite wahrnehme, aber ich weiß, dass er blufft. Wäre seine Verwandtschaft besorgt, wäre die Wohnung nicht so unberührt gewesen. Jemand hätte dort gewartet, oder einen Zettel hinterlegt mit der Bitte, dass er sich melden soll.



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